Tun wir genug gegen Armut und Krieg auf der Welt – gerade als Kirche? Das war nach dem Film „Capernaum – Stadt der Hoffnung“ die Kernfrage des Publikums im hannoverschen „Kino im Künstlerhaus“. Im anschließenden Filmgespräch diskutierte unter anderem Landesbischof Ralf Meister.
"Ist das ein Armuts-Porno?"
„Capernaum – Stadt der Hoffnung“. 126 Minuten Flüchtlingselend im Libanon. Dreck. Hunger. Ausbeutung. Eltern, die aus Not ihre Tochter verkaufen. Die Elfjährige stirbt in der Schwangerschaft. Ihr Bruder Zain, etwa zwölf Jahre alt, attackiert den Ehemann mit dem Messer und landet im Gefängnis. Dort verklagt er seine Eltern: „Ich möchte, dass die Erwachsenen endlich aufhören, Kinder zu kriegen, wenn sie sich nicht um sie kümmern können.“
Pastor Dietmar Adler, Koordinator für die kirchlichen Jurys auf internationalen Filmfestivals, bat nach dem Abspann zum Filmgespräch. Seine Gäste: Landesbischof Ralf Meister sowie Pastor Daniel Küchenmeister und die Lehramtsstudentin Janine Buse. Beide haben den alltäglichen Kampf der syrischen Flüchtlinge kürzlich aus der Nähe erlebt. Sie haben im Rahmen der Aktion der Landeskirche „Begegnen. Stärken. Lernen“ an Evangelischen Schulen für Flüchtlingskinder im Libanon mitgeholfen.
"Wir können Menschen motivieren"
„Ist das ein Armutsporno?“, lautet eine von Adlers pointierten Fragen zum Film. Nein, sagte Landesbischof Meister, das Werk sei „eine Skizze der fürchterlichen Realität von Kindern in dieser Welt“. Küchenmeister berichtete von der Libanon-Reise: „Schulleiter haben uns erzählt, dass Kinder mit elf, zwölf Jahren verheiratet werden.“
Ein junger Mann aus dem Publikum forderte von der Kirche mehr Einsatz für Flüchtlinge und gegen Armut: „Die Kirche müsste viel stärker zeigen, dass das nicht geht.“ Auch für die Wahrnehmung der Kirche sei das wichtig, „das ist doch auch eine Chance für die Kirche zu zeigen, wir sind das Menschliche“.
Landesbischof Meister entgegnete, die Kirche sei bei der Hilfe für Flüchtlinge und Armutsbekämpfung Teil der Zivilgesellschaft. Der Einsatz der Landeskirche für die Flüchtlings-Schulen im Libanon sei wichtig. Viele Mitglieder aus fast allen Gemeinden hätten sich finanziell beteiligt. „Wir können unsere Stimme erheben und Menschen motivieren.“ Im Herbst würden Schulleiter aus dem Libanon nach Hannover kommen, sagte der Landesbischof. „Ich bin zuversichtlich, es wird weitergehen und es weitet sich vielleicht auch aus.“
Ist der Einsatz der Studierenden an den Schulen nicht nur ein kleiner Funke, wurde Jasmin Buse gefragt. „Es ist schon ein großer Funke“, entgegnete sie. „Jedes Kind hat sich gefreut. Während wir mit ihnen gespielt und gebastelt haben, haben sie ihren Alltag vergessen.“